Kameraspaziergänge
Kameraspaziergänge gehören zum festen Aktions-Repertoire des Seminars für angewandte Unsicherheit [SaU].
Freitag 7.5.10 - 16 Uhr - Hermannstr/Okerstr (U-Bhf Leinestr)
Kameraspaziergang Neukölln

Das Seminar für angewandte Unsicherheit [SaU] führt durch das kameraüberwachte und quartiersgemanagte Neukölln
Nachdem wir zuletzt in Friedrichshain gesehen haben, wie (Kamera-)Überwachung, Sicherheitsarchitektur und Gentrifizierung zusammenhängen, lädt die [SaU] - das Seminar für angewandte Unsicherheit - nun zu einem Kameraspaziergang im Neuköllner Norden ein, um diese Zusammenhänge auch hier aufzuzeigen. Eine besondere Rolle spielt dabei die für den 8.5. geplante "Öffnung" des Tempelhofer Flughafengeländes. In diesem Kontext ruft das Bündnis "Reclaim Tempelhof" zur Besetzung auf.

Neben dem engmaschigen Überwachungsnetz in Neuköllner Läden schauen wir uns dabei u.a. die Rolle des Quartiersmanagements an, das bei der Umstrukturierung des Kiezes wesentlich ist. Mit einer "Task Force" wollen sie bspw. im Schillerkiez "aufräumen", was nicht in das Bild eines aufgewerteten Kiezes passt. Ein Sammelsurium an sogenannten Kiezläufern, privaten Sicherheitsdiensten und Beamt_innen des Ordnungsamtes patroulliert durch die Neuköllner Straßen. Bei diesen Maßnahmen geht es nicht nur um die "schöne" Einkaufswelt, sondern auch um die "falschen" Menschen, die auf den Parkbänken sitzen, den aus Sicht der Senatsverwaltung zu hohen Anteil an Migrant_innen und Arbeitslosen, und die diffuse Angst davor, dass sich die an den Rand gedrängten Menschen wehren könnten.

Mit kurzen Vorträgen werden wir einen kritischen Blick auf die Entwicklung in den Kiezen werfen und uns mit coolen technischen Gimmicks auch die "Überwacherperspektive" anschauen.

Links zum Thema Gentrifizierung findet ihr hier.





Vergangene Spaziergänge

Freitag 23.10.09 - 16 Uhr - Warschauer/Revaler Str (vor der Sparkasse)
Kameraspaziergang Friedrichshain

Das Seminar für angewandte Unsicherheit [SaU] führt durch das kameraüberwachte und quartiersgemanagte Friedrichshain
Wir wollen einerseits auf die ausufernde Überwachung aufmerksam machen, die in diesem Bezirk vor allem von kleinen Läden und Kneipen ausgeht. Andererseits wollen wir uns anschauen, welche - ordnungs- und sicherheitspolitischen - Auswirkungen die „Aufwertung“ des Süd-Kiezes hat, die unter anderem durch das hiesige Quartiersmanagement betrieben wurde (vor allem rund um den Boxhagener Platz). Aber auch welche Rolle alternative(re) Projekte in der Struktur des Viertel spielen. Wie immer werden wir uns auch die "Überwacherperspektive" anschauen, da die hier besonders häufig unverschlüsselt gesendeten Videobilder mit einfachsten Mittel empfangen werden können...



Erfahrungsbericht... (Nov 2007)

Dem unwirtlichen Berliner Wetter trotzend, zieht ein tapferes Grüppchen von vierzig Leuten am Freitagnachmittag durch den Süden Friedrichshains – in einer ganz besonderen Mission: Den Überwachungsmechanismen in unserem Alltag auf die Spur zu kommen. So zieht der Pulk vorbei an so skurrilen und völlig unerwarteten Erscheinungen wie dem kleinen Restaurant an der Ecke, das vormals seinen Gästeraum filmen liess, einer Zoohandlung, deren Überwachungsbilder sich der Besitzer in Echtzeit in die Privatwohnung übertragen lässt, einem Waschsalon mit Sonderservice Kundenüberwachung, kameraüberwachten Frisierstühlen, einer Videothek, in der die Kund_innen durch Daumenabdruck identifiziert werden und ähnlichen absonderlichen Alltäglichkeiten.
Allen voran läuft die SaU (Seminar für angewandte Unsicherheit), die mit kurzen Vorträgen über Hintergründe, Ursachen und Auswirkungen von Gentrifizierung und Überwachungstechniken – in Friedrichshain, aber auch anderswo - informiert. So geht die SaU zum Beispiel ein auf die aktuelle rechtliche Situation von Kameraüberwachung in Deutschland - auch im internationalen Vergleich -, auf Data Mining, auf die Erfassung von biometrischen Daten, auch zum Beispiel in Reisepässen, aber auch damit verbunden auf Iris-Scan, Gesichtserkennungsprogramme, sowie weitestgehend auf mögliche Gegenstrategien zum Überwachungswahn.
Was sich anhört wie aus dem neuesten Science-Fiction-Film, ist umso schockierender für die Spaziergänger_innen, da klar ist, dass das alles eben nicht Stoff eines Films, sondern Realität ist, nicht weit entfernt, sondern direkt vor der eigenen Haustür in Friedrichshain statt findet. Amüsant wird es jedoch wieder, als eine dieser Gegenstrategien vor Ort praktisch getestet wird: die I.-r.a.s.c.-Tarnkappe, ein mit LEDs besetztes Stirnband, das das Gesicht der Träger_innen auf dem Kamerabild überblendet.
Zu sehen ist das dann mit Hilfe eines tragbaren Monitors, der an ein Empfangsgerät angeschlossenen ist. Dieses fängt die unverschlüsselten Signale von den Überwachungskameras auf, so dass man aus der Überwachungsperspektive heraus betrachten kann, wie ein Mensch - scheinbar mit Heiligenschein – durch den aufgerüsteten Waschsalon läuft.
Zum Abschluss des Spaziergangs trifft sich der kälteresistente Rest noch in einem Café zum Aufwärmen und Diskutieren. Selbst wenn der/die Eine oder Andere eine Erkältung davon getragen haben sollte - es hat sich gelohnt.
Download der Karte (Stand: Okt 2007)